"Weihnachten ist keine Jahreszeit. Es ist ein Gefühl"
- Ai Sakae-Doser
- 8. Dez. 2024
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Dez. 2024
Weihnachten – ein Fest, das sich für mich im Laufe der Jahre in seiner Bedeutung gewandelt hat. In Japan, wo ich aufgewachsen bin, steht Weihnachten weniger für familiäre Wärme und Tradition, sondern ist vor allem ein Tag für Verliebte. Es ist ein Anlass für Paare, Zeit miteinander zu verbringen, romantische Dinner zu genießen und kleine Geschenke auszutauschen. Die Straßen, Malls und Geschäfte sind dennoch ab Mitte November prachtvoll geschmückt, begleitet von weihnachtlicher Musik und den verlockendsten Spezialitäten, die in allen erdenklichen Variationen angeboten werden. Doch die Bedeutung des Festes bleibt anders – weniger besinnlich, eher modern und weltlich.

Als ich nach Deutschland kam, erlebte ich Weihnachten in einem neuen Licht. Meine ersten Jahre als Studentin in Ostwestfalen waren geprägt von intensiven Übungsphasen während der Weihnachtsferien. Die fast leeren Hochschulräume boten eine seltene Ruhe, die ich für konzentriertes Arbeiten nutzte. Doch draußen, in der verschneiten Winterlandschaft, lag eine Atmosphäre, die mich berührte. Es war, als würde die Natur selbst innehalten, um der Dunkelheit des Dezembers etwas Licht entgegenzusetzen.
Mit der Zeit hat sich mein Erleben von Weihnachten weiterentwickelt. Das erste Fest in einer Partnerschaft – es fühlte sich an wie ein leiser Neuanfang. Der erste eigene Weihnachtsbaum in der Wohnung, liebevoll geschmückt. Das erste selbstgekochte Weihnachtsessen, komplett mit Ente, Rotkohl, Knödeln und selbstgebackenen Plätzchen. Es sind diese kleinen Rituale, die dem Fest nach und nach mehr Tiefe und Vertrautheit verliehen haben.
Seit einigen Jahren begleite ich meinen Mann regelmäßig zu seiner Christmette am Heiligen Abend. Wenn in der dunklen Kirche nur noch Kerzen und der Christbaum leuchten und „Stille Nacht“ erklingt, scheint die Zeit für einen Moment stillzustehen. In diesen Minuten wird mir bewusst, wie wohltuend und notwendig solche Pausen im hektischen Alltag sind.
Vielleicht ist die Position des Weihnachtsfestes im Jahreskalender kein Zufall. Die Tage bis zum 21. Dezember werden immer kürzer, und diese Dunkelheit ist bereits ab Oktober spürbar. Die Wochen vor Weihnachten sind oft randvoll mit Aufgaben, Verpflichtungen und To-do-Listen, die doppelt so viel Zeit erfordern würden. Umso wertvoller ist die Gelegenheit, an den Feiertagen innezuhalten, auf die „Pause“-Taste zu drücken und still zu werden.

Diese Stille lädt uns ein, das vergangene Jahr zu reflektieren. Wofür sind wir dankbar? Was hat uns bewegt? Und worüber sind wir erleichtert, dass es vorbei ist? Der Wandel gehört zum Leben, ebenso wie das Loslassen und das Neuanfangen. Was bleibt, ist die bewusste Entscheidung, die kleinen Momente des Friedens wahrzunehmen – die flüchtigen Augenblicke, in denen alles in Balance scheint.
Zum Abschluss dieses Jahres wünsche ich Ihnen und Ihren Liebsten frohe Weihnachten und gesegnete Festtage. Möge 2025 ein Jahr voller Gesundheit, Dankbarkeit und kleiner, stiller Momente sein, die uns daran erinnern, worauf es wirklich ankommt.
Comments